Wie

Vor der Therapie

Jeder Mensch hat seine eigene Lebens- und Leidensgeschichte (Rucksack, Pinkerl, Vogel, Dämon etc.), mit der er sich selbst (über Lesen, Nachdenken) und im Austausch mit Eltern, Geschwistern, Freunden, Barleuten, Ärzten, Therapeuten etc. auseinandersetzt. Bevor man eine Überlegung betreffend Psychotherapie anstellt, hat man oft schon die Mehrheit der vorgenannten Personen konsultiert. Meistens gibt es auch eine Geschichte von gesetzten Maßnahmen zur Selbsthilfe wie Aussprachen mit Partner/Familie, die Suche nach einer Lösung im Internet oder in Büchern. Die „Eigenmedikation“ mittels Alkohol, Tabletten, Cannabis etc. kann vielleicht eine kurzfristige Symptomlinderung bringen, behebt aber nicht die Ursache und entwickelt regelmäßig eine problematische Eigendynamik.

Was diesen unterschiedlichen Anstrengungen gemeinsam ist, sie zeigen das Vorhandensein eines Leidensdrucks aber auch eines Veränderungswillens und einer Handlungsbereitschaft. Und so Sie, diese Zeilen lesen, haben Sie diese Kräfte zur eventuellen Konsultation eines Psychotherapeuten geführt. Wenn man Bauchschmerzen hat, geht man zum praktischen Arzt. Wenn man bei emotionalen Problemen Hilfe sucht, geht man zu einem Psychotherapeuten (oder zum Hausarzt, Psychologen, Psychiater etc. -> siehe unten).

Weiterführend finden Sie Informationen zu den Themen:

Selbsthilfe Ressourcen, Bücher und Podcasts:

Ein von mir sehr geschätzter Kollege antwortet auf die Frage: „Welches Buch soll ich lesen?“ meist mit der Antwort: „Schreiben Sie etwas“. Dem ist viel abzugewinnen! Sich mittels eigener Aufzeichnungen mit Gedanken, Gefühlen und Beziehungen auseinanderzusetzen, bringt oft mehr Erkenntnis als das x-te Buch. Notieren Sie Ihre Träume, Ideen, Gefühle und die Zusammenhänge mit dem Erlebten. Sie werden sich so selbst definitiv besser kennen lernen und sich einen bewussteren Zusammenhang zwischen Ihren Gefühlen und Ihrem Handeln erarbeiten. Eine Methode der ich folge ist: Alltägliche Gefühle, Gedanken über einer gewissen „Durchschnittsschwelle“ schreibe und reflektiere ich in meinen schwarzen Notizbüchern. Für mich besonders bedeutsame Erkenntnisse, Ideen, Reflexionen (auf Basis der schwarzen Bücher) schreibe ich in das gelbe Buch. So entsteht ein für mich wertvoller Schatz. 

Unter der Vielzahl von Büchern sind mir ein paar wenige besonders aufschlussreich und herausragend gewesen. Folgende Bücher haben mich tief beeinflusst und ich empfehle sie mit einem Vorbehalt: „Achtung, diese Bücher können bei Ihnen grundlegende Veränderungen bewirken!“

Bücher zum Thema Entwicklung, Individuation:
  • Friedrich A. von Hayek: „Der Weg zur Knechtschaft“. Eine gut verständliche sozialphilosophische Auseinandersetzung über den Wert des Individuums sowie über die Gefahren kollektivistischer Tendenzen und Systeme. Nicht zuletzt für dieses Buch hat Hayek den Nobelpreis erhalten.
  • Hermann Hesse: Je nach Entwicklungsphase „Demian“, „Siddharta“, „Der Steppenwolf“ und insbes. „Das Glasperlenspiel“. Hermann Hesse (Nobelpreisträger für Literatur) war übrigens bei C.G. Jung zur Analyse.
  • Ayn Rand: „Der Ursprung (The Fountainhead)“. Feine Charakterzeichnungen in einer ergreifenden Story ermöglichen eine Selbstreflexion der eigenen Werte, Standpunkte und Lebensziele.
Bücher grundlegend therapeutisch:
  • C.G. Jung: „Erinnerungen, Träume, Gedanken“. Jungs Autobiographie ist sicherlich der beste Einstieg in sein Denken und seine Therapie (analytische Psychologie). Jung ist meiner Einschätzung nach „one of the most enlightened people who have walked the earth“.
  • Sheldon B. Kopp: „Mach Schluss mit der Unschuld“. Ein Buch das ernüchtert und hilft sich auf das Leben einzulassen wie es ist, i.e. die Realität; und das einen vor Enttäuschung und Kränkung schützt.
Bücher für die spirituelle Auseinandersetzung:
  • Joseph Campbell: „Myths to live by“. Auch wenn der Titel es nicht vermuten lässt, hat dieses Buch bis dato für mich den höchsten Erkenntnisgewinn im Verhältnis zur (überschaubaren) Seitenanzahl. Von Joseph Campbell gibt es auch tolle Vorlesungen auf Spotify zu hören.
  • Erwin Schrödinger: „Mein Leben meine Weltansicht.“ Jemand der so stark in der Naturwissenschaft verwurzelt ist (Nobelpreis für Physik), erklärt für mich logisch und schlüssig den Übergang zur Metaphysik und spiritueller Einstellung. Erinnert mich daran, wie C.G. Jung in einem Interview gefragt wurde: „Do you believe in God“. Und er hat darauf entsprechend seiner wissenschaftlich, gnostischen Einstellung geantwortet: „I do not believe, I know.“
Bücher über Partnerschaft, Beziehung:
  • John M. Gottman: „Die sieben Geheimnisse der glücklichen Ehe.“ Gottman hat in seinem „Love Lab“ die bis dato umfassendsten wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt was Paare zusammenhält bzw. trennt. Auf dieser Basis kann er mit knapp über 90% Sicherheit vorhersagen, ob eine Beziehung hält oder nicht. Die Lektüre ist manchmal aufschlussreicher als einem lieb ist.
  • Harville Hendrix & Helen LaKelly Hunt: „Getting The Love You Want: A Guide for Couples.“ Die Autoren sind die Begründer der Imago Paartherapie. Und die ist, wie ich aus eigener Erfahrung einschätze, der beste Ansatz um Beziehung zu retten/stärken/pflegen und viel über sich zu lernen.
  • Hans Jellouschek: „Im Irrgarten der Liebe: Dreiecksbeziehungen und andere Paarkonflikte“. Anhand von drei unterschiedlichen Märchen werden grundlegende Beziehungsdynamiken sehr verständlich aufgearbeitet. 
Bücher über Männlichkeit und Entwicklung:
  • Robert Bly: „Eisenhans (Iron John)“. Anhand des gleichnamigen Märchens der Gebrüder Grimm wird die Entwicklung vom Jugendlichen zum reifen, selbstbewussten Mann besprochen. Das Buch beeindruckt auch durch seine poetische Sprache und den Schatz an assoziativem Material.
  • Robert Moore: „König, Krieger, Magier, Liebhaber: Initiation in das wahre männliche Selbst durch kraftvolle Archetypen“. Ein Buch zur fundierten Eigenerforschung der männlichen Persönlichkeit, über inhaltsloses und echtes Mann-Sein und über Mann-Werdung in der heutigen Zeit. 
Weiblichkeit und Entwicklung:
  • Jean Shinoda Bolen: „Goddesses in Everywoman: Powerful Archetypes in Women’s Lives“ In diesem Buch wird die Verbindung von Mythos zu Archetyp zu persönlicher Psychologie anhand der griechischen Göttinnen sehr nachvollziehbar erarbeitet. Die intensive Auseinandersetzung mit diesem Buch berührt und erzeugt Entwicklungsdynamik.
  • Lisa Marchiano: The Vital Spark: Reclaim Your Outlaw Energies and Find Your Feminine Fire“ Eine echte, emotionale Reise zu sich selbst und inneren Kräften. 

Was machen ein Praktischer Arzt, Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut

An dieser Stelle ist auch ein klärendes Wort zur Abgrenzung der Befugnisse und Expertise eines Psychotherapeuten gegenüber Repräsentanten anderer Berufe im psychosozialen Feld angebracht; insbes. ggü. Allgemeinmedizinern, Psychologen und Psychiatern.

  • Allgemeinmedizinerinnen können auch bei seelischen Leiden wie z.B. Depressionen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen etc. konsultiert werden. Sie können Medikamente und eben auch Psychotherapie verschreiben. Aufgrund des Allgemeinfokus fehlt jedoch leider meist die Zeit, Ursachen zu ergründen oder differenziertere Behandlungskonzepte zusammenzustellen.
  • Psychologen (genauer gesagt „klinische Psychologen“) führen zwecks Diagnose eines Krankheitsbildes Gespräche und Testungen durch und erstellen darauf aufbauend einen individuellen Therapieplan. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen liegt der Fokus dabei auf Entwicklungsstörungen (z.B. Lernschwächen, ADHS). Nicht wenige Psychologen sind zusätzlich auch Psychotherapeuten.
  • Fachärztinnen für Psychiatrie sind spezialisiert auf die umfassende ärztliche Versorgung und Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und psychosomatischen Beschwerden. Dabei haben Psychiater eine besondere Expertise für medikamentöse und psychotherapeutische Therapieprinzipien im Bereich der Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Begutachtung. Aufgrund der „Drehtür-Medizin“ in Österreich ist die Zeit, die sich ein Psychiater für einen individuellen Fall nehmen kann recht kurz. In der Regel werden lediglich Medikamente verschrieben.
  • Die Langversion, wie Psychotherapeuten arbeiten finden Sie im Abschnitt „WIE“. Hier kurz: Psychotherapeutinnen behandeln Personen mit psychosozial oder psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen. Sie betreuen Menschen in verschiedensten Problemlagen, in Lebenskrisen, in belastenden Lebenssituationen, mit Suchtproblematiken, Depressionen, Angststörungen, Zwängen etc. Psychotherapeutinnen spezialisieren sich in mindestens einer psychotherapeutischen Methode, wie z. B. Analytische Psychologie nach C.G. Jung, Systemische Familientherapie, Verhaltenstherapief usw. Entsprechend ihrer Spezialisierung planen sie die Behandlung und setzen gezielt psychotherapeutische Interventionen.

Ein persönlicher Gedanke noch zu Leistungsangeboten im psychosozialen Feld:

Aufgrund des (politischen) Bestrebens der einzelnen Berufsbilder sich einen Berufsschutz zu erkämpfen und zu sichern, werden andere wertvolle Angebote im psychosozialen Feld an den Rand gedrängt. Als Hilfe Suchender ist es daher wichtig auch diese Angebote zu kennen und zu evaluieren, was am besten zu einem passt. Meines ist die Psychotherapie, gleichzeitig möchte ich aber auch auf Angebote hinweisen wie:

  • Theaterpädagogik
  • Lebens- und Sozialberatung
  • Meditation, MBSR – Mindfulness Based Stress Reduction
  • Sozialpädagogik
  • Sozialarbeit
  • Psychosoziale Beratung
  • Vielfältige Angebote im Bereich Esoterik
  • Seelsorge von Glaubensgemeinschaften

An wen wenden Sie sich in einer aktuen psychischen Krise

  • 144 Bei akut selbst oder fremdgefährdenden Zuständen ist am besten die Rettung zu rufen.
  • 01 4000 53000 Die Sorgenhotline des PSD-Psychosozialer Dienst Wien (8:00-20:00 Uhr) ist ein kostenloses psychosoziales Erst-Angebot für alle Menschen in Wien. Der PSD bietet damit eine erste Entlastung und Beratung für gezielte Hilfe.
  • 01 31330 Der SPN-Sozialpsychiatrische Notdienst steht in Wien rund um die Uhr zur Verfügung und bietet psychiatrische Interventionen im Akut- und Krisenfall.
  • SUPRA – Suizidprävention Austria. Auf der Website finden sie österreichweite und bundesländerspezifische Angebote, zur Besprechung von Krisen insbes. bei Lebensmüdigkeit und Selbstmordgedanken.

Einfache niederschwellige Angebote bei emotionalen Problemen, Kummer und Sorgen:

  • 142 Telefonseelsorge: Telefon-, E-Mail- und Chat-Beratung für Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Krisenzeiten.
  • 147 Rat auf Draht
  • 116 123 Ö3 Kummernummer ist aus allen Netzen zum Nulltarif erreichbar, absolut anonym; täglich von 16 bis 24 Uhr.
  • 0800 222 555 Frauenhelpline gegen Gewalt bietet rund um die Uhr Informationen, Hilfestellungen, Entlastung und Stärkung – auch in Akutsituationen.
  • 0800 246 247 Männerinfo bietet telefonische Krisenberatung rund um die Uhr aus ganz Österreich; bei Bedarf auch gedolmetschte Beratung; anonym vertraulich, kostenlos.

Mit Medikamenten werden Symptome behandelt. In der Psychotherapie geht es darum, der Ursache auf den Grund zu gehen und diese zu behandeln bzw. zu lösen.

Hier finden Sie einen guten Überblick zu Anlaufstellen im akuten Krisenfall. Der Krisenfall ist meist durch Eigen- oder Fremdgefährdung beschrieben.